Siegertexte aus dem Schreibwettbewerb 2018
Altersgruppe 8-13 Jahre
Platz 1: Lynn (1o Jahre), "Meli in Bewegung"
Eine Biene müsst man sein!
Mit dieser fröhlich summenden Geschichte liegt ein runder, in sich stimmiger Text vor, den man schmunzelnd und staunend liest. Beim vergnüglichen Durchspielen der Stationen eines Bienenlebens wird nämlich auch handfestes Wissen vermittelt. Darauf aufbauend erzählt die Autorin aus Sicht der vermenschlichten Biene Meli vom Erwachsenwerden im Bienenhaus, vom Fliegenlernen, vom Nektarsammeln für die Gemeinschaft – bis zur Neige des Bienenlebens im sanft schaukelnden Kelch einer Blume.
Dabei gibt es keine spektakulären Zwischenfälle, Konflikte oder Hindernisse, wie sie in klassischen Heldengeschichten zu überwinden sind; vielmehr lebt dieser Text von den Details, in denen sich das Talent der Autorin zeigt. Sie versteht es, aus der Fülle ihrer Einfälle die richtigen herauszupicken, sie so witzig wie liebevoll auszugestalten und dem Fortgang der Geschichte dienlich einzusetzen.
Ebenso sicher zeigt sie sich im Aufbau des ganzen Textes, der am Schluss mit einem Hinweis auf die Verantwortung der Menschen gegenüber den Bienen abgerundet wird und gleichzeitig einen kleinen Stachel ausfährt: Ja, Meli und ihre Freundinnen sind bedroht. Mit ihrem Text weckt Lynn Krüger viel Sympathie für die dunkle europäische Biene alias apis mellifera mellifera.
Platz 1: Norina (10 Jahre), "Ferdinand kommt in Bewegung"
Eine berührende Aussenseitergeschichte!
Die Sportlehrerin nennt den dicken Ferdinand einen „nassen Sack“, denn so bewegt er sich, vollgesogen mit Cola und Frust. Eigentlich würde Ferdinand gern Sport machen, aber weder beim Kunstturnen noch beim Fussball ist er gefragt. Erst „auf einem schmutzigen Platz, wo ebenfalls schmutzige Jungs Basketball spielen“, findet er Aufnahme, denn dort kann man „jede Hilfe gebrauchen.“ So helfen sich Aussenseiter gegenseitig, werden gemeinsam stark und stossen in einem selbstrenovierten Clubgartenhäuschen mit selbstgemachten Superwerferdrinks auf jedes Tor an – Cola ist out.
Die Botschaft ist klar: Es ist nicht der sportliche Ehrgeiz, zu gewinnen, der Ferdinand motiviert, zu trainieren, gesünder zu essen, abzunehmen. Es ist die Freundschaft seiner Team-Kollegen, die ihm Auftrieb gibt, ihn über sich hinauswachsen und am Schluss gar den entscheidenden Korb in einem wichtigen Spiel werfen lässt.
Bemerkenswert: Die Autorin hat sich in einen männlichen Protagonisten hineingedacht und mit ihm eine glaubwürdige Identifikationsfigur geschaffen. „Hopp, Ferdi!“ möchte man rufen, so nah bringt Norina Lauener den Lesenden ihren Helden. Jugendliche Fettleibigkeit – ein aktuelles Thema, das hier in eine Entwicklungsgeschichte gekleidet wurde, die man mit viel Anteilnahme liest.
Platz 2: Amélie (11 Jahre), "Das problematische Waisenhaus"
Eine rasante Geschichte mit Zivilcourage!
Wenn alle Elfjährigen so gut Bescheid wüssten darüber, wie man sich in einer Demokratie Gehör verschafft und für Gerechtigkeit kämpft, müssten man sich keine Sorgen um die Zukunft unserer Gesellschaft machen. Amélie Koehler nimmt die Lesenden rasch ein für Tante Luise, Leiterin eines Waisenhauses, und ihre vier Schützlinge. Obwohl es dieser „Familie“ an fast allem mangelt, vermittelt sie das Glück, das entsteht, wenn Menschen solidarisch miteinander leben und umgehen.
Doch gleich am Anfang der frisch und temporeich geschriebenen Geschichte passiert es: Das Waisenhaus brennt, das schadhafte Dach bietet keinen Schutz mehr – und der Bürgereister, der just in diesem Unglücksmoment noch zwei weitere Kinder bei Tante Lusie abgibt, weigert sich, Geld rauszurücken. Nun werden alle Register gezogen: konspirative Sitzungen, Demo, Sitzstreik – und alles begleitet von einem Reporter, der erst eine Titelgeschichte in seinem Blatt platziert und dann grad eine Serie über das Schicksal des Waisenhauses.
Mit sicherem Gespür für Spannung, gekonnt gezeichneten Figuren und so mancher Pointe am Rande der Handlung zieht die Autorin den Spannungsbogen durch – mit einer hübschen Überraschung am Schluss. Eine reife Leistung, beflügelt vom Glauben an das Gute und seine Machbarkeit.
Weitere Gewinnerinnen und Gewinner dieser Altersgruppe
Viviane (11 Jahre), "Meine Gedanken sind immer in Bewegung"
Sarina (11 Jahre), "Die Geschichte der Raubkatzen“
Jonathan (12 Jahre), "Der Pilger"
Kevin Rouven (12 Jahre), "Epaulette-Drama"
Elisabeth (13), "Meine Lebensbewegung"
Altersgruppe 14-18 Jahre
Platz 1: Nina (14 Jahre), "Letzte Erinnerungen"
Die Autorin konnte sowohl die Jugend- als auch die Fachjury mit ihrem Text, der die Leserinnen und Leser in die Gedankenwelt eines alten Mannes eintauchen lässt, überzeugen. Gekonnt fängt sie die Sprunghaftigkeit der Gedanken und das unaufhaltsame Voranschreiten der Zeit ein und stellt dabei Themen wie Respekt, Zusammenhalt, aber auch familiäre Brüche, die Angst vor der eigenen Vergänglichkeit und das Sterben in das Zentrum ihrer dicht komponierten und sprachlich eindrucksvoll erzählten Geschichte.
Platz 2: Gian Andrea (15 Jahre), "Eine Jugendliebe"
Mit einem ebenso lebendigen und überraschenden Theaterstück überzeugte der Autor Jugend- und Fachjury. In knappen Dialogen gelingt ihm eine glaubwürdige Figurenzeichnung ebenso wie die Darstellung eines schicksalhaften Wiedersehens mit einer alten Jugendliebe. Rasant entspinnt sich eine Art subtiler Verfolgungsjagd, eine Intrige, die in einer Katastrophe gipfelt. Applaus!
Platz 3: Tilo (16 Jahre), "Adul bewegt seine Klasse"
Für den Wettbewerb wurden zahlreiche Texte zum Themenkreis Flucht und Migration eingereicht; der Text des Autors konnte Jugend- und Fachjury durch einen besonderen Blickwinkel überzeugen. Sprachlich und dramaturgisch fein austariert verhandelt er komplexe Themen unserer Zeit im Rahmen einer Freundschaftsgeschichte, die von Fremdenhass überschattet wird.
Weitere Gewinnerinnen und Gewinner dieser Altersgruppe
Gianna (17 Jahre), "Das Archen-Fiasko"
Sophie (15 Jahre), "Immer in Bewegung"
Megan (17 Jahre), "Die Flucht"
Nina (17 Jahre), "Der Tanz auf der Geigenseite"
Sven (16), "Das perpetuum mobile"